Seit dem Aufkommen von Corona hat sich unser Bewusstsein für das kontaktlose und bargeldlose Bezahlen merklich verändert.
Wir bezahlen heute vielerorts digital - vom Brötchen beim Bäcker bis zum Haarschnitt beim Friseur.
Aber wie fühlt es sich an, ein Unternehmen zu führen, das komplett auf physisches Geld verzichtet?
Das Interview mit Michael Bredtmann
Was hat Sie dazu bewegt, auf bargeldloses Bezahlen umzusteigen?
Unsere Friseurbranche ist dafür bekannt, Schwarzgeld zu generieren. Neuerdings hat das Finanzamt die Möglichkeit, durch spontane Kontrollen (Kassennachschau) zu überprüfen, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Da wir durch Bedienfehler immer wieder kleine Abweichungen in der Bargeldkasse hatten, entschloss ich mich, das Bargeld abzuschaffen. Da wir auch nur noch 20% Bargeldgeschäfte hatten, war es nicht so schwierig. Damit sind wir bei Kontrollen vom Finanzamt auf der sicheren Seite, da wir somit kein Schwarzgeld mehr generieren können! Außerdem liebe ich es, privat mit meiner Smartwatch zu bezahlen, da es sehr praktisch und sicher ist! Hinzu kommt die Zeitersparnis bei den abendlichen Kassenabschlüssen. Wir sparen dadurch pro Tag etwa 15 Minuten. Das ist im Monat fast ein ganzer Arbeitstag eines Mitarbeiters, den wir einsparen.
Würden Sie sagen, dass Ihre Kundschaft das eher gut oder schlecht aufgenommen hat?
Wir haben sehr geteilte Reaktionen erlebt. Überwiegend waren die Reaktionen sehr positiv. Dann gibt es Kunden, die Angst vor der totalen Kontrolle haben und sich weigern, bargeldlos zu bezahlen. Wir hatten sogar einzelne Kunden, die uns gedroht haben, dass wir Bargeld annehmen müssten. Dies ist jedoch nicht der Fall, solange es in den Geschäftsbedingungen so definiert ist. Die Verschwörungstheorien einiger Bargeld-Enthusiasten sind teilweise anstrengend...
Ist es überhaupt möglich, ein Unternehmen wirklich komplett ohne Bargeld zu führen?
Von der Einnahmeseite her ist es einfacher. Manchmal gibt es Kunden, die keine Karte dabei haben. Kinder stellen ebenfalls ein kleines Problem dar. Wir lösen dies, indem wir Gutscheine anbieten, die die Eltern im Voraus erwerben können. Dies ist allerdings etwas umständlich. Das Problem tritt auf, wenn wir einkaufen möchten. Da wir selbst kein Bargeld mehr besitzen, müssen wir mit einer Girokarte bezahlen. Unsere Bank hat bisher noch keine geeignete Lösung gefunden, wie man als Unternehmen komplett bargeldlos einkaufen kann. Aktuell lösen wir dies mit einer Zweitkarte des Chefs, was jedoch nicht optimal ist.
Was ist mit den Leuten, die fest an ihrem Bargeld hängen? Können die nicht mehr zu Ihnen kommen?
Wir verzichten auf diese Kunden. Es ist uns aufgefallen, dass manche Ehefrauen aus Branchen, die für Schwarzgeld bekannt sind, versuchen, ihr Schwarzgeld bei uns "zu waschen". Diese Kunden verlieren wir leider. Sie sind oft auch diejenigen, die am meisten Aufhebens machen.
Würden Sie den Umstieg anderen Unternehmen empfehlen?
Friseurunternehmen auf jeden Fall! Ich glaube, dass die Kontrollen seitens des Finanzamts in Zukunft stichprobenartig sehr streng ausfallen werden. Ohne Bargeld fühle ich mich beruhigter, da wir nicht mehr so im Fokus der Behörden stehen. Ein weiterer Vorteil: Durch das bargeldlose Bezahlen demonstrieren wir öffentlich, dass wir ein steuerehrlicher Betrieb sind. Besonders hier in Wuppertal fällt die starke Präsenz der Mafia und Clans mit ihren Geldwäsche-Aktivitäten auf. Es ist wirklich erstaunlich, was derzeit in unserer Stadt vor sich geht. Und das bereitet mir Sorgen. Kartenzahlungen stehen somit für Ehrlichkeit! Ein weiterer Pluspunkt: Meine Mitarbeiter sind überglücklich über die Zeitersparnis. Wir haben deutlich weniger Stress mit der Kasse.
Vielen Dank an Herr Bredtmann für das tolle Interview. Bitte beachtet, dass das Interview schon vor etwas längerer Zeit stattfand.
Vorteile des bargeldlosen Salon
Compliance mit dem Finanzamt: Durch den Verzicht auf Bargeld kann das Unternehmen sicherstellen, dass es keine Inkonsistenzen in der Kassenführung gibt und somit den Anforderungen des Finanzamtes gerecht wird.
Verhinderung von Schwarzgeld: Durch das bargeldlose System wird die Generierung von Schwarzgeld vermieden.
Praktikabilität und Sicherheit: Das Bezahlen per Smartwatch oder Handy ist nicht nur praktisch, sondern auch sicher.
Zeitersparnis: Das Unternehmen spart täglich etwa 15 Minuten bei den Kassenabschlüssen. Über den Monat gesehen entspricht das fast einem ganzen Arbeitstag eines Mitarbeiters.
Positive Kundenreaktionen: Viele Kunden haben positiv auf den Umstieg reagiert.
Einfachere Einnahmeseite: Es ist einfacher, Zahlungen ohne Bargeld zu verarbeiten, auch wenn es manchmal Kunden gibt, die keine Karte dabei haben.
Möglichkeit der Gutscheinausstellung: Für Kunden, insbesondere Kinder, die nicht bar bezahlen können, besteht die Möglichkeit, Gutscheine zu erwerben.
Stärkung des Image als steuerehrliches Unternehmen: Bargeldlose Transaktionen können nach außen hin den Anschein eines steuerehrlichen Betriebs vermitteln, der nicht in Geldwäscheaktivitäten verwickelt ist.
Mitarbeiterzufriedenheit: Das bargeldlose System reduziert den Stress bei der Kassenführung und erhöht die Zufriedenheit der Mitarbeiter.
Distinktion von Schwarzgeldaktivitäten: Das Unternehmen kann sich klar von anderen Branchen distanzieren, in denen Schwarzgeld häufiger vorkommt.
Demonstration von Ehrlichkeit: Kartenzahlungen stehen symbolisch für Ehrlichkeit und Transparenz.
Insgesamt bietet das bargeldlose Bezahlen zahlreiche Vorteile, die sowohl betriebswirtschaftliche als auch imagefördernde Aspekte umfassen.
Herausforderungen eines bargeldlosen Betriebs
Geteilte Kundenreaktionen: Während viele Kunden positiv auf das bargeldlose Bezahlen reagieren, gibt es auch eine Gruppe, die dagegen ist, aus Angst vor der "totalen Kontrolle" oder aus anderen Gründen.
Strenge Kundenforderungen: Einige Kunden haben sogar gedroht und gefordert, dass das Unternehmen weiterhin Bargeld annehmen muss.
Verschwörungstheorien: Das Unternehmen muss sich mit Verschwörungstheorien von Bargeld-Fanatikern auseinandersetzen, was zusätzlichen Stress und Kommunikationsaufwand bedeutet.
Problem mit kindlichen Kunden: Kinder, die naturgemäß nicht über eigene Bankkarten verfügen, stellen eine Herausforderung dar. Dies wird zwar durch Gutscheine gelöst, ist aber umständlich.
Einkaufsherausforderungen: Das Unternehmen steht vor der Herausforderung, Einkäufe zu tätigen, ohne Bargeld zur Hand zu haben. Die derzeitige Lösung über eine Zweitkarte des Chefs ist nicht ideal.
Verlust von Kunden: Es gibt Kunden, insbesondere aus Branchen, die Schwarzgeld generieren, die nun nicht mehr zum Unternehmen kommen, da sie ihr Geld nicht mehr dort "waschen" können.
Umgang mit Unverständnis und Kritik: Das Unternehmen muss sich mit Kunden auseinandersetzen, die den Wechsel zum bargeldlosen System nicht verstehen oder kritisieren.
Geschäftsbedingungen: Es muss sichergestellt werden, dass die Geschäftsbedingungen klar definieren, dass keine Barzahlungen angenommen werden, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Die Umstellung auf ein bargeldloses System bietet zwar viele Vorteile, bringt aber auch einige spezifische Herausforderungen mit sich, die man berücksichtigen muss.
Fazit
Die Entscheidung eines Friseurunternehmens, komplett auf bargeldloses Bezahlen umzusteigen, ist von einer Vielzahl von Gründen getrieben. Der primäre Antrieb ist die Compliance mit den Vorschriften des Finanzamtes und der Wunsch, sich gegen mögliche Disparitäten und Anschuldigungen in Bezug auf Schwarzgeld zu schützen. Ein Nebeneffekt dieser Umstellung ist die gesteigerte Effizienz im täglichen Geschäftsbetrieb, da der Aufwand für Kassenabschlüsse erheblich reduziert wird.
Die Kundenreaktionen auf diese Änderung sind gemischt. Während viele den Komfort und die Sicherheit des bargeldlosen Bezahlens begrüßen, gibt es auch eine signifikante Gruppe, die aus verschiedenen Gründen, einschließlich tief verwurzelter Überzeugungen und Ängste, dagegen ist.
Die Umstellung hat auch betriebliche Herausforderungen mit sich gebracht, insbesondere in Bezug auf das Einkaufen ohne Bargeld und die Handhabung von jungen Kunden, die noch keine eigenen Karten besitzen.
Trotz der gemischten Reaktionen und einiger operativer Hürden steht das Unternehmen zu seiner Entscheidung, insbesondere vor dem Hintergrund der wachsenden digitalen Trends und der Bedeutung der Compliance. Der Umstieg auf bargeldloses Bezahlen ist nicht nur ein Symbol für Modernität und Anpassungsfähigkeit, sondern auch ein deutliches Zeichen für Ehrlichkeit und Integrität in einer Branche, die oft mit Schwarzgeldproblemen in Verbindung gebracht wird.